Die Faszination ABENDSONNE !
Wenn sich die Fassaden der Häuser in Badenweiler leicht rosa färben und dieses Rosa sich langsam in ein rötliches Schimmern verwandelt, ist es Zeit,
den Blick nach Westen zu richten – am Vogesenblick im Kurpark, auf der Burgruine, auf den Balkonen der Häuser und den Hotels. Noch dauert es geraume Zeit,
bis die große, strahlende Scheibe mit dem scharfen Rand von glühenden Farben umgeben ist. Doch der Moment ist plötzlich da. Die Zeit hält an.
Alles in der Welt wird ruhiger. Man glaubt, dass dieser Zustand sich nie mehr ändern wird, ewig ist. Die Gedanken hören auf, nach vorne zu eilen.
Erinnerungen steigen auf, an Freunde und auch Tiere als Wegbegleiter im Haushalt, die kürzlich gingen. Unweigerlich taucht für mich dann die letzte Strophe aus dem Eichendorff Gedicht „Im Abendrot“ auf:
Oh weiter, stiller Friede!
So tief im Abendrot,
wie sind wir wandermüde-
ist dies etwa der Tod?
Magisch legt sich darüber die Melodie von Richard Strauss' Vertonung des Liedes. Leise summe ich es für mich, verfolge dabei den Flug eines Vogels,
der noch einmal der Sonne zueilt, bevor er sein Nest aufsucht. Doch Trauer will sich nicht einstellen, sondern es ist Freude, die Begleiter erlebt zu haben,
die gegangen sind und die Freude darüber, dieses Naturschauspiel erleben zu dürfen. Mich ergreift eine wunderbare Gelassenheit und Ehrfurcht zugleich.
Doch plötzlich schrecke ich jäh auf! Was ist geschehen, was ist anders?
Dann erst sehe ich, dass der Grand Ballon die runde Scheibe angefressen hat. Von stehengebliebener Zeit ist nicht mehr die Rede.
Das Tempo des Untergangs ist rapide. Die Sonne verlässt rasch die Bühne wie ein Schauspieler nach gesprochenem Text.
Schatten breiten sich im Tal aus. Es wird dunkler, fahler. Noch kämpfen die Lichter in den Häusern und Straßenlaternen um das Verbleiben des Lichts.
Vergeblich!
Die Nacht senkt sich herab. Das Leben geht irgendwie weiter.